, Katharina Jost

Er ist nicht zu sehen, aber zu hören

Arbeiten im Pastoralraum Hürntal – Mitarbeitende werden vorgestellt.

 

Michael Temnykov hat Klavier und Orgel studiert und ist seit 2021 Hauptorganist im Pastoralraum Hürntal. Er hat einen ukrainischen Pass und ist in der Stadt Saki auf der Insel Krim aufgewachsen.

 

Viel Zeit im Zug

Jedes Wochenende nimmt Michael Temnykov vier Stunden Zugfahrt in Kauf, um von seinem Wohnort Trossingen in Deutschland nach Dagmersellen zu reisen. Manchmal, wenn eine Beerdigung ansteht oder er die Kirchenchorprobe musikalisch begleiten muss, reist er bereits am Freitag oder gar Donnerstag an. Er übernimmt den grössten Teil der Orgeldienste im Hürntal und ist der Mann im Hintergrund auf der Empore, der nicht gesehen, aber sehr wohl gehört wird. Wollte er nach Hause zu seiner Familie auf die Halbinsel Krim reisen, dann müsste er noch viel länger Zug fahren. Die Krim ist nämlich wegen des Krieges nur mit dem Zug von Moskau aus zu erreichen. Die Zugfahrt würde zwei Tage dauern. Weil die Reise viel zu unsicher wäre, sieht der junge Musiker seine Familie –Mutter, Zwillingsbruder und Schwester – schon seit fast fünf Jahren nur per Video anruf.


Klavier und Orgel studiert
Eigentlich war Michael Temnykov zuerst Pianist. Klavier war sein erstes und längeres Studium. Aber auch die Orgel hat es dem Pianisten angetan. Er mag den besonderen Klang der Königin der Instrumente. Zudem bietet die Orgel eher die Möglichkeit, ein regelmässiges Einkommen zu haben. «Mit Klavier kann man fast nur als Musiklehrer arbeiten, und das braucht ausserordentlich viel Geduld und Nerven.» Auf dem Klavier bevorzugt Michael Temnykov Musik aus der Romantik: Liszt, Tschaikowski, Rachmaninow. An der Orgel liebt er es, Literatur von Bach vorzutragen. Eines seiner favorisierten Stücke ist die Toccata in d-Moll. In jüngerer Zeit hat er ein paar Mal die Toccata von Widor aufgeführt, die ihm auch sehr entspricht.

 

Fühlt sich wohl im Hürntal
«Hier gefällt es mir, weil die Gegend schön ist und das Klima gut. Es regnet nicht so viel wie in Trossingen und ist wärmer», sagt der Ukrainer in gutem Hochdeutsch. Die Kirche mag er als Kulturort und wegen der Akustik und weil die Leute in der Kirche freundlicher sind. Ganz besonders schätzt Michael Temnykov die Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor und dessen Dirigenten Simon Jäger. «Durch die Begleitung des Chors lerne ich ein neues und interessantes Repertoire und viele nette Leute kennen.»